Apr 182013
 

Heute: Abstrakte und konkrete Verweisung

Wenn es um das Bedingungwerk einer Berufsunfähigkeitsversicherung geht, ist der Passus zum Thema abstrakte Verweisung aus meiner Erfahrung der, der alle am meisten interessiert. Davon hat fast jeder schon einmal irgendwas gehört und weiß, dass das ein wichtiger Punkt ist. Stimmt auch. Wir unterscheiden zwei Formen der Verweisung:

Abstrakte Verweisung

Geregelt wird das Recht zur abstrakten Verweisung im §2 der Bedingungen und klingt im ungünstigen Falle so:

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person (das ist die Person, auf deren Berufsfähigkeit die Versicherung abgeschlossen ist) infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer  ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, nicht mehr zu mindestens 50 % ausüben kann und außerstande ist, eine andere Tätigkeit auszuüben, zu der sie aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Auf Deutsch heisst das, dass der Versicherer z.B. einen Friseur, der wegen einer chronischen Sehnenentzündung im Arm keine Haare mehr schneiden kann, auf einen Job im Kaufhaus verweisen könnte, wo er dann Haarpflegeserien verkaufen könnte. Die Fähigkeiten dazu hätte er und viel weniger verdienen würde er wahrscheinlich auch nicht. Abstrakt heisst diese Form der Verweisung, weil es allein um die theoretische Mglichkeit geht. Es ist also völlig unerheblich ob der Friseur so einen Job findet und tatsächlich ausübt. Die gesetzliche Rentenversicherung verfährt im Übrigen so und die stellt nicht einmal auf die Lebensstellung ab.

Verzicht auf abstrakte Verweisung

Von diesen Musterbedingungen dürfen die Versicherer abweichen und die allermeisten tun das auch. Bis auf wenige Ausnahmen verzichten die Gesellschaften heute auf dieses Recht zur abstrakten Verweisung. Und das klingt dann so (wieder §2):

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer [alternativ: mindestens ... Monate/Jahre] ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, nicht mehr zu mindestens 50 % ausüben kann und auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Hier kommt es also darauf an, ob die versicherte Person freiwillig tatsächlich eine andere Tätigkeit ausübt. Und nur in diesem konkreten Fall darf dann verwiesen werden. Deshalb nennt man diese Form auch:

Konkrete Verweisung

Die meisten Kunden könnnen mit dieser konkreten Verweisung gut leben, denn wenn man wieder einen guten Job gefunden hat, den man trotz Handicap ausüben kann und will, dann ist eine weitere Rentenzahlung in der Tat überflüssig. Auch ich finde eine solche Regelung akzeptabel, zumal es BU-Versicherungen sinnlos verteuern würde, wenn die Versicherer auch noch auf dieses Recht verzichten würden. Es gibt Versicherer, bei denen man sich diesen Verzicht durch einen Aufpreis erkaufen kann.

Aufpassen solltet ihr bei den Formulierungen zum Thema Lebensstellung. Wann entspricht die neue der bisherigen, wieviel Image- und Einkommensverlust sind zumutbar? Je schwammiger ( wie z.B. oben) hier die Aussagen, desto ungünstiger für den Versicherten. Es gibt auch vorbildliche Lösungen (wieder in §2):

….. In den beiden zuvor genannten Fällen ist es darüber hinaus nicht zumutbar, dass die Tätigkeit zu Lasten der Gesundheit geht oder dass das jährliche Bruttoeinkommen (bei Selbständigen der Gewinn vor Steuern) 20 % oder
mehr unter dem Bruttoeinkommen im zuletzt ausgeübten Beruf vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung liegt. Sollte der Bundesgerichtshof einen geringeren Prozentsatz als nicht zumutbare Einkommensminderung festlegen, ist dieser auch für uns maßgeblich. Im begründeten Einzelfall kann aber auch bereits heute eine unter 20 % liegende Einkommensminderung
unzumutbar in diesem Sinn sein.

Um auf unseren Friseur zurück zu kommen, der früher 1500 € Brutto verdient hat. Jetzt arbeitet er wirklich in einem edlen Naturkosmetikladen, allerdings nur Teilzeit. Er verdient dort brutto 1000 €, die er Dank des tollen Bedingungswerks seiner BU zusätzlich zu seiner Rente behalten darf.

 

 

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